Über »Ein Leben für die Poesie« spricht Herausgeber und Lyriker Anton G. Leitner im Podcast »Draussen mit Claussen«

(zuerst erschienen auf: DAS GEDICHT blog, 30.05.2023)

Wo Kultur und Religion zusammentreffen, setzt Johann Hinrich Claussen, Kulturbeauftragter des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland, stets in seinem Podcast »Draussen mit Claussen« an. In der aktuellen Folge befragt er Anton G. Leitner, der auch schon zwei Religionsausgaben für seine Zeitschrift DAS GEDICHT herausgebracht hat (Nummer 9 und Ausgabe 25) und bekennender Katholik sowie Kirchenkritiker ist, rund eine Dreiviertelstunde lang.

Dabei geht es noch um weit mehr als das Verhältnis von Lyrik und Religion, es wird Anton G. Leitners Wirken als Herausgeber in drei Jahrzehnten ebenso beleuchtet wie über seinen aktuellen Soloband als Dichter gesprochen, in dem er den Tod seines Vaters, des leidenschaftlichen Althumanisten und Gymnasialdirektors a. D. Anton Josef Leitner, voll Hingabe, Trauer und Humor verarbeitet (»Vater, unser See wartet auf dich«).

Auch weitere persönliche Schicksalsschläge werden erwähnt sowie natürlich ästhetische Positionen thematisiert, und es geht um die Niederungen des Alltags beim Literaturzeitschriftenmachen mitsamt der Freude, wenn man etwa den Deutschen Verlagspreis oder die Verlagsprämie der Freistaats Bayern erhält oder die Jubliäumsausgabe zu 30 Jahre DAS GEDICHT samt Festlesungen etwa in München und Schleswig feiern kann. Kurzum: Reinhören lohnt in die ausführliche Podcast-Folge, in der Johann Hinrich Claussen unter dem Titel »Ein Leben für die Poesie« mit Anton G. Leitner über dessen Welt und Sicht parliert. (jeh)

Poesie und Orgelmusik: Leitner und Klötgen bringen nachdenkliche und komische Verse zum Thema Tod am 23. Juni in der St. Matthäuskirche Erlangen

Lyrisch um den Tod geht es am Freitag, 23. Juni 2023, ab 20 Uhr in der Veranstaltungsreihe »Poesie und Orgelmusik« der St. Matthäuskirche Erlangen, und dies trauernd, besinnlich, aber auch komisch und satirisch: Wortakrobat und Poetry Slammer Frank Klötgen nimmt sich dem Gevatter Tod gerade auch in seiner Absurdität ganz allgemein und meist mit schwungvollem Humor, jedoch auch mal melancholisch an. Und Realpoet Anton G. Leitner spürt trauernd, doch auch voll Witz und Wärme dem eigenen Vater nach, der vor gut zwei Jahren verstorben ist – und führt so nicht nur dessen herrlich eigenwilligen Charakter liebevoll und anekdotenstark vor Augen, sondern zeigt auch viel über die bundesrepublikanische Geschichte und menschliches Sein allgemein.

Die beiden Autoren lesen aus ihrem je neuesten Buch, das sie jeweils durch den Tod des eigenen Vaters geschrieben haben. Eindrucksvoll dabei ist auch, wie unterschiedlich die Trauerarbeit ausfallen kann: Frank Klötgens »Lebhaft im Abgang – Tödliches & Tröstliches in 200 Gedichten« (Satyr 2021) rückt eben dem Thema eher allgemein und satirisch sowie in traditionellen Gedichtformen mit Reim und Rhythmus zu Leibe, und Anton G. Leitners »Vater, unser See wartet auf dich. Erinnerungsstücke und nachgerufene Verse« (AGL 2023) ist ein unmittelbares Erinnerungsbuch – dessen Verse und prosanahen Texte die persönliche Beziehung und die besondere Figur des Vaters vielfältig ausleuchten.


Poesie und Orgelmusik – Erlangen, Fr., 23.06.23, ab 20 Uhr
Gastgeber und Moderator: Pfarrer Christian Düfel
An der Orgel: Kantorin Susanne Hartwich-Düfel
Poeten: Anton G. Leitner, vielfach ausgezeichneter Dichter, Herausgeber, Verleger, sowie Frank Klötgen, bekannt u. a. als Ensemblemitglied der legendären Lach- und Schießgesellschaft
St. Matthäuskirche Erlangen (Rathenaustraße 1, Ohmplatz)
Eintritt: € 10,- (ermäßigt: € 5,-)


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Erotische Lyrik und Unverblümtes in Schwabing am 16. Juni im Heppel & Ettlich mit Klötgen, Leitner, Harms und Müller

Veranstaltungsflyer vorn

Unter dem Motto »Bloomsday – wenn die Triebe sprießen« präsentieren die Poetry Slammer und Wortakrobaten Meike Harms, Anton G. Leitner, Frank Klötgen und Ludwig Müller am Freitag, 16. Juni 2023, erotische Lyrik und Unverblümtes auf der Kultbühne Heppel & Ettlich im Herzen von Schwabing. Los geht der »poetische Frühschoppen am Abend«, bei dem auch Leitners 62. Geburtstag gefeiert wird, um 20 Uhr. Eintritt: 12 € (erm. 8 €), Anfahrtsdaten: Feilitzschstr. 12, U3 Münchner Freiheit.

Zwei- wie Eindeutiges zum Anbahnungs- und Paarungsverhalten rezitieren, wobei sie auf ihre eigenen Kabinettstückchen zurückgreifen, aber auch Lyrikklassiker und poetische Geheimtipps nach bester Spoken-Word- und Poetry-Slam-Manier auf der Bühne performen:

Veranstaltungsflyer rück
  • Meike Harms, bayerische Meisterin im Poetry Slam und Schöpferin abstrusester Tiergedichte
  • Ludwig Müller, Vollbluttschüttelreimer und Universalpoet
  • Frank Klötgen, Lach- & Schießgesellschaft Ensemblemitglied
  • Anton G. Leitner, kraftbayrischer Dichter sowie preisgekrönter Verleger und Herausgeber


Da scheene Schein

Hervorgehoben

Need oiss, wos is,
Is aa so, wiasd moansd,
Dass is. Awa

Wennsd moansd, dass so
Sei soi, nachad lassmas
Hoid so sei.

Anton G. Leitner


aus:
Anton G. Leitner
Wadlbeissn. Zupackende Verse
Volk Verlag 2021
200 S., Hardcover, 18,- €
www.wadlbeissn.de
mit hochdt. Übersetzungen durch den Autor

Der schöne Schein // Nicht alles, was ist, /
Ist auch wirklich so, wie du / Meinst. Aber //
Wenn du wirklich meinst, dass es so /
Sein soll, dann lassen wir es / Halt so sein.

 

Rückblick: Frühschoppenlesung in der Alten Seilerei Schleswig mit Schlüter und Leitner

Text und Fotos: Jan-Eike Hornauer (zuerst erschienen auf: DAS GEDICHT blog, 20.05.2023)

Lasen als Dichterduo beim lyrischen Frühschoppen in der Alten Seilerei Schleswig: Manfred Schlüter und Anton G. Leitner.

Schleswig. Zur Frühschoppen-Dichterlesung in ihre Alte Seilerei mit Manfred Schlüter und Anton G. Leitner lud Annette Oellerking (als Dichterkollegin u. a. wiederholt in DAS GEDICHT vertreten, hier in ihrer Rolle als Veranstalterin aktiv), am Sonntag, 14. Mai 2023.

Schlüter reizte mit seinen teils aberwitzigen Wortspielen im gereimten Kinder- und Erwachsenengedicht und mit seinem teils hintergründigen, teil ganz unmittelbarem Witz zu Lachen und Erkenntnis, als er aus einem Querschnitt seiner Buchpublikationen vortrug. Dazu präsentierte er auch etliche bislang unveröffentlichte Poeme, die gerade nicht von Reim und Rhythmus und Humor lebten, sondern prosanah und sehr nachdenklich daherkamen – sie beschäftigten sich mit dem direkten Erleben des Lokalmatadors in seiner Streusiedlung Hillgroven (Dithmarschen), wiesen aber selbtredend über diesen Mikrokosmos hinaus und aufs Allgemeinmenschliche.

Leitner las aus »Vater, unser See wartet auf dich«, seinem kürzlich erschienenen Erinnerungsbuch, das zum zweijährigen Todestag seines Vater Anton Josef Leitner herausgekommen ist. Gut ein Jahr lang hat hier der Junior mit literarischen Mitteln den Verlust des Seniors, mit dem er sich bis zum Schluss ein Haus teilte, verarbeitet. Voll Zärtlichkeit, Trauer und Humor, aber auch mit kritischem Blick geschrieben sind seine »Erinnerungsstücke und nachgerufenen Verse« (so definiert der Untertitel des Buches das Genre). In Anekdoten und Reflexionen beleuchtete Leitner in der Alten Seilerei Schleswig das einzigartige Wesen seines Vaters, machte die innige, aber reibungsintensive Verbindung zwischen ihnen beiden deutlich und verwies zugleich auf die Zeitgeschichte, das »Damals war es eben so«, das wesentlich daran beteiligt ist, den individuellen Verhältnissen auch viel Allgemeingültigkeit zu verleihen, das Besondere auch als Stellvertreter wirken zu lassen, etwa wenn der Senior die Musik der Jugend radikal ablehnt.

Die Einführung in die Veranstaltung übernahm neben Annette Oellerking auch ihr Mann Christian Oellerking, dessen Vorfahren die Alte Seilerei, die heute ein Kultur- und Veranstaltungsraum ist, einst in ihrer ursprünglichen Funktion, nämlich als Schleswiger Tauwerkfabrik, gegründet hatten.


Berührende Erinnerungen: Anton G. Leitner hat eine Hommage an den Vater verfasst – anekdotenreich, tiefgründig, erschütternd und saukomisch

Anton G. Leitner am Weßlinger See mit seinem neuen Buch »Vater, unser See wartet auf dich«, in dem er seinem vor zwei Jahren verstorbenen Vater Anton Josef Leitner ein literarisches Denkmal setzt. – Foto: Maren Martell

eine Buchvorstellung von Jan-Eike Hornauer (zuerst erschienen auf: DAS GEDICHT blog, 03.05.2023, morgens)

Der Vater fehlt. Er wird weiter geliebt. Es gab immer eine große Nähe zu ihm – und deshalb freilich auch so manche Reibung. Die durchaus auch mal zu Funken führen konnte und – wenn es so etwas gibt – kleineren Flächenbränden. Gerade in der Jugend des Autors. Die wiederum ist schon eine gute Weile her, der Sohn, Anton G. Leitner, hat die 60 inzwischen knapp überschritten. Doch – wer kennt das nicht? – gerade die frühen Ereignisse prägen, gerade die frühen Erinnurungen bleiben immer präsent.

Heute vor zwei Jahren ist dann der Vater im Alter von 82 Jahren gestorben, Anton Josef Leitner, begeisterter Altphilologe und Humanist sowie Gründungsdirektor des Carl-Spitzweg-Gymnasiums (CSG) in Germering, dem er dann auch fast ein Vierteljahrhundert vorstand. Nachvollziehbar: ein ungeheurer Verlust.

Umso mehr, lässt sich vermuten, da Sohn und Vater sich bis zum Schluss ein Grundstück teilten (freilich zusammen mit ihren Ehepartnerinnen Felizitas und Ingrid) – weit herumgekommen ist der Dichter Leitner, wie man weiß und wie er selbst auch gerne freudestrahlend proklamiert, ja hauptsächlich im Geiste. Ja, sein Verlag befindet sich sogar auf demselben Grundstück und die Hausarztpraxis seiner Ehefrau auch. Verwurzelter geht es kaum.

Erinnerungsfetzen, Momentaufnahmen, Reflexionen

Wie damit umgehen, wenn dann der Vater nicht mehr ist? Der Sohn Anton hat seinen Weg gefunden. Er hat Erinnerungsfetzen, Momentaufnahmen, Reflexionen zusammengetragen, gut ein Jahr lang vom Todestag des Vaters an (einige davon hat er auch hier im Blog als »Vers der Woche« veröffentlicht). Für sein Buch »Vater, unser See wartet auf dich«, das heute, zum zweiten Todestag des Vaters erscheint, hat er alle Texte nochmals durchgesehen und feingeschliffen, angeordnet und um Fotos ergänzt.

Herausgekommen ist ein intimes Buch, ein ehrlicher Einblick, eine große Hommage. Prosanahe Skizzen, die als kompakte Textstelen gesetzt sind, dominieren dabei, doch auch typische Leitner-Gedichte, solche mit zweifellos lyrischer Optik und eng getakteten Zeilenumbrüchen, sind zu finden. Es ist zu verfolgen, wie der Dichter den Verlust des Vaters verarbeitet, denn die Gedichte, die lyrischen Texte sind nach ihrem Entstehungsdatum angeordnet. Inhaltlich sind dabei zwei große Schwerpunkte auszumachen: Kindheits- und Jugenderinnerungen und das Lebensende des Vaters sowie die Momente danach.

Es geht ums zutiefst Menschliche – und so verweisen die Texte über sich hinaus

Anekdoten und Schlüsselmomente, zutiefst menschliche Macken und Kanten sind hier ganz konkret gezeigt, so dass es wirklich um diese spezifischen Leben geht, um die Menschen Anton und Anton, je unverwechselbar und geprägt von grandioser Dickschädeligkeit, von herrlichem Geltungsdrang – sowie Verletzlichkeit, Mitgefühl und einem unerschütterlichen humanistischen Grundgerüst.

Da werden sich schon mal die Fäuste blutig und wird die Tür eingeschlagen, und wie ein Rachegott stürmt der Vater herein, als Kleinanton ihn beim Zeitungsreinholen im Morgenmantel in die Kälte ausgesperrt hat, doch dann sitzt man auch wieder friedlich beieinander, genießt einvernehmlich das Rauchwerk, Vater und Sohn (die Mutter darf nichts wissen!). Da wird erst die Rock-Musik des Buben verurteilt – und dann, versöhnlich und angetan, doch anerkannt. Um Familienurlaube geht es, um den Ort Weßling, der ohne den hier flanierenden oder die Gemeinde via Fahrrad beehrenden und quasi jeden huldvoll und freundlich grüßenden Vater gar nie vorstellbar war. Und um den Abschied, den langsamen erst: Anton sen. wird alt, er kann und tut nicht mehr alles wie früher, auch wenn er viel beibehält (etwa unterrichtet er bis zum Schluss, er gibt Nachhilfe). Der Sohn bemerkt das, macht sich seine Gedanken. Und auch die Kräfteverhältnisse zwischen den beiden verschieben sich, klar: Nun muss der Vater nicht mehr vom Sockel gestoßen, nun muss er unterstützt werden. Und schließlich geht’s um den schnellen, ja, den plötzlichen Abschied: Ein Treppensturz passiert, wohl ausgelöst durch einen Schlaganfall. Rapide geht es bergab, wenige Tage danach stirbt der Vater. Dabei kommt es zu dramatischen Szenen, etwa wenn der Sohn im Krankenhaus größte Mühe hat, zum Sterbenden vorgelassen zu werden – wegen Corona.

Der Blick des Dichters auf den Vater: immer liebevoll, nie unkritisch

Sehr berührend sind die Texte, von existentieller Verzweiflung, aber auch saukomisch, dem Anekdotenhaften verpflichtet, doch nicht beliebig und ihre Figuren sowie die Leserinnen und Leser stets ernst nehmend. Sie sind eine Verbeugung vor dem Vater – und dabei gerade deswegen gelungen, weil sie ihn nicht verklären, sondern ihn in seiner Großartigkeit und Fehlbarkeit, weil sie ihn mitsamt seinen Widersprüchen zeigen. Der Blick des Dichters ist dabei stets liebevoll, aber eben niemals unkritisch. Dabei verweisen die Erinnerungstexte über sich hinaus, zeigen mehr als nur die Beziehung zweier Menschen, sie sagen etwas aus auch über die Zeiten, in denen sich all dies abspielte (die langen Autofahrten nach Italien im vollgepfropften Kleinwagen etwa kann man ja durchaus als kollektive bundesrepublikanische Erinnerung werten, ebenso den musikalischen Konflikt zwischen Vater und Sohn). Und sie sagen etwas aus über Kind-Eltern-Beziehungen allgemein. Um nur zwei Ansatzpunkte zu nennen.

Anton G. Leitner legt mit »Vater, unser See wartet auf dich« ein Buch vor, das anekdotenreich, tiefgründig, erschütternd und saukomisch ist; es liest sich, im besten Sinne, einfach weg. Und nach der Lektüre ist man bereichert sowie – und das ist wichtig – angenehm beseelt. Empfindsam wird hier Abschied genommen und dabei das Leben, der Mensch Anton Josef Leitner gefeiert.

Die ersten Male aus seinem neuen Buch liest Anton G. Leitner am 9. Mai in Berlin (Buchpremiere) und am 14. Mai in Schleswig (auf der Duo-Lesung mit Manfred Schlüter).


Eckdaten zum Buch

Anton G. Leitner
Vater, unser See wartet auf dich
Erinnerungsstücke und nachgerufenen Verse

Mit einem Vorwort von Ulrich Johannes Beil
Mit 17 Fotos aus dem Privatarchiv von Anton G. Leitner
Hardcover mit Lesebändchen
112 Seiten, 12,5 x 21,0 cm
€ 20,00 [D]
ISBN 978-3-929433-39-5


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