Weihnachts- und Neujahrsgruß mit »Hoffnung« von Friedrich Schiller

Liebe Freundinnen und Freunde der Poesie,

heuer habe ich für Sie / für Euch als Weihnachts- und Silvestergruß kein klassisches Weihnachtsgedicht ausgesucht, aber trotzdem einen absoluten Lyrik-Klassiker, der auch sehr gut zu diesen besonderen Tagen im Jahr passt und unsere aktuelle Großwetterlage trifft: Friedrich Schillers berühmtes Hoffnungs-Gedicht.

Ich glaube, ich muss niemanden erklären, wie bitternötig für uns alle in diesen Zeiten, die selbst einen lebensbejahenden Optimisten wie mich in die Verzweiflung treiben können, die Hoffnung ist. Ein Glück: Sie stirbt bekanntlich zuletzt. Und das gilt auch, wenn, wie gerade, an vielen Orten in der Welt Menschen mit Gewalt um ihr Leben und um ihr meist mühsam erworbenes Hab und Gut gebracht oder gebombt werden, wenn sie zittern müssen, während ich relativ beschützt diese Zeilen verfasse.

Feuerholz im Schnee (Foto: Jan-Eike Hornauer)

Draußen wütet ein Sturm (wir haben gerade den Abend des 21. Dezember, als ich diese Zeilen hier schreibe), und sein Wüten scheint mir symptomatisch für dieses zu Ende gehende Jahr 2023, das zu den schwersten Jahren zählt, die ich als Klein-Verleger und Lyrikvermittler in den gut vier Jahrzehnten meiner Tätigkeit erlebt habe. Während weltweit immer mehr Menschen mit dem Finger am Abzug an die Macht gelangen, Menschen, die Gewalt, Massenmorde und Krieg als selbstverständliche Mittel zum Durchsetzen ihrer Expansions-Politik betrachten, gewinne ich hierzulande zunehmend den Eindruck, dass unsere Politikerinnen und Politiker verstärkt all jene bedienen, die am lautesten schreien. Bisweilen scheint es mir so, als ob die politischen Repräsentanten hierzulande ihr aktives Handeln immer stärker nach den beiden Prinzipien »Was scheren mich meine Versprechen von gestern?« und »Heute so, morgen so« gestalten. Ja, mitunter handeln sie exakt andersherum, als sie es vorher angekündigt oder versprochen haben.

Alle reden von der Notwendigkeit der Entbürokratisierung, aber ich habe in meinen 32 Jahren der Selbstständigkeit nie mehr bürokratische Schikanen erleben müssen als im Jahr 2023. Die EU und ihr Musterschüler Deutschland bürokratisieren sich langsam, aber sicher in die schiere Unbeweglichkeit.

Wer zum Beispiel zwei fast 30 Jahre alte Gasheizungen in Betrieb hat wie wir, und wer seit zwei Jahren auf Wärmepumpen, Photovoltaik und Elektromobilität umrüsten will, wie ich, der weiß oder ahnt, was ich allein in dieser Hinsicht erlebe und durchmachen muss. Eigentlich kann man diesen ganzen Wahnsinn, der ständig von der Politik im Bereich der Förderungen verändert wird, nur noch mit Humor verfolgen oder eben mit der lebenslänglichen Hoffnung, um die Friedrich Schiller in seinem gleichnamigen Gedicht kreist.

Und dass man die Hoffnung nie aufgeben soll, das habe ich einmal mehr im Jahr 2023 erfahren dürfen. Ich hatte mir hier begründete Hoffnung auf einen Literaturpreis gemacht, der, was seine Strahlkraft und Dotierung betrifft, eher zu den kleineren Preisen gehört. Diese eine Hoffnung wurde zwar enttäuscht, aber dafür wurde ich an anderer Stelle wesentlich reicher belohnt: nämlich mit der Verleihung des vielfach höher dotierten und bedeutenderen Deutschen Verlagspreises 2023 – die mich so überraschte wie ganz besonders freute, hatte mein Verlag ihn doch auch schon im Vorjahr 2022 erhalten.

Insofern, durch etwa dieses Beispiel ermutigt, werde ich aus gutem Grund selbst weiterhin ein Hoffender bleiben. Und ich werde auch künftig darauf hoffen, dass die Despoten und Kriegstreiber dieser Welt doch einmal dort landen, wo sie hingehören, nämlich vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag, und dass wir uns eines Tages auch hierzulande wieder auf das Wort eines Politikers verlassen können, etwa wenn er verspricht, dass kein Kleinbetrieb seine Corona-Soforthilfen zurückbezahlen muss und sie dann einige Jahre später kaltschnäuzig zurückfordern lässt, wenn seine Kassen plötzlich riesige Löcher aufweisen …

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen / Euch und mir, dass 2024 manche Hoffnungen von uns auch wirklich eingelöst werden und dass unsere geschundenen und terrorisierten Mitmenschen in der Ukraine, in Israel und auch jene Teile der Bevölkerung in Palästina, die mit Terror nichts am Hut haben, wieder in Ruhe und Frieden leben dürfen. Ein vermutlich utopischer Wunsch, aber wenigstens hoffen dürfen wir.

Und für Sie und Euch und uns alle hoffe ich jedenfalls das Beste. Habt friedvolle Feiertage, kommt gut ins neue Jahr 2024 und bleibt mir und unserer Zeitschrift DAS GEDICHT, unserem Blog www.dasgedichtblog.de und der Poesie insgesamt verbunden.

Toi, toi, toi,
alles erdenklich Gute
Ihr Anton G. Leitner

in der Hoffnung auf ein Wiedersehen
und Wiederhören im Jahr 2024!


***

Friedrich Schiller

Hoffnung

Es reden und träumen die Menschen viel
Von bessern künftigen Tagen,
Nach einem glücklichen, goldenen Ziel
Sieht man sie rennen und jagen.
Die Welt wird alt und wird wieder jung,
Doch der Mensch hofft immer Verbesserung.

Die Hoffnung führt ihn ins Leben ein,
Sie umflattert den fröhlichen Knaben,
Den Jüngling locket ihr Zauberschein,
Sie wird mit dem Greis nicht begraben;
Denn beschließt er im Grabe den müden Lauf,
Noch am Grabe pflanzt er – die Hoffnung auf.

Es ist kein leerer, schmeichelnder Wahn,
Erzeugt im Gehirne des Toren.
Im Herzen kündet es laut sich an:
Zu was Besserm sind wir geboren;
Und was die innere Stimme spricht,
Das täuscht die hoffende Seele nicht.

Weihnachtsgruß aus der DAS GEDICHT Redaktion mit »Fliegenbitte« von August Heinrich Hoffmann von Fallersleben

Feuerholz im Schnee (Foto: Jan-Eike Hornauer)

Ein frohes Fest und ein möglichst friedliches Jahr 2023,

in dem nicht vor allem eiskalte Diktatoren und Kriegstreiber sowie ihre Spießgesellen die Nachrichtenlage bestimmen und Tod und Verderben in die Welt bringen, sondern vielmehr Poetinnen und Poeten mit ihrer Sprachakrobatik die Welt verzaubern und ihr ein etwas menschlicheres Gesicht geben, das wünschen Ihnen und uns allen

Anton G. Leitner
und sein Team
der Zeitschrift DAS GEDICHT

Toi, toi, toi und alles erdenklich Gute! Und von ganzem Herzen ein Dankeschön an alle, die uns mit Rat und Tat dabei geholfen haben, auch das dritte Pandemiejahr in Folge wirtschaftlich zu überstehen.


***

August Heinrich Hoffmann
von Fallersleben (1798-1874)

Fliegenbitte

Gönnt doch dem kleinen Wintergast
Im warmen Zimmer Ruh und Rast.
Da draußen ist gar schlimme Zeit,
Es stürmt und regnet, friert und schneit.

Ach, mein Begehren ist nur klein,
Ich nehme wenig Raum nur ein!
Im Blumenbusch am Fenster hier,
Da such’ ich mir ein Nachtquartier.

Und wird es mir darin zu kalt,
So ist mein liebster Aufenthalt
Beim alten Fritzen auf dem Hut,
Da sitz’ ich sicher, warm und gut.

Und kommt der heil’ge Christ heran,
Dann freu’ ich mich wie Jedermann,
Weihnachten soll’s für mich auch sein,
Ein Kuchenkrümchen wird schon mein.

Drum lass die arme Flieg’ in Ruh,
Sie hat ein Recht zu sein wie du.
Nun, liebes Kind, nun freue dich
Und sei noch lustiger als ich!

Frohe Weihnachten und ein gutes neues Jahr 2019

Allen Besucherinnen und Besuchern meiner Internetseiten, allen liebgewonnenen Büchermenschen, besonders aber allen Freundinnen und Freunden der Lyrik wünsche ich ein Weihnachtsfest 2018 mit vielen poetischen Momenten und ein gesundes, glückliches und friedliches neues Jahr 2019.

Anton G. Leitner. Foto: Volker Derlath

Anton G. Leitner. Foto: Volker Derlath

An dieser Stelle möchte ich mich noch ganz besonders herzlich bei all jenen bedanken, die mir in den Tagen schwerer Krankheit im Jahr 2018 beigestanden sind und mir mit Rat und Tat geholfen haben, wieder gesund zu werden. Mit den verlorenen 22 kg Körpergewicht lebt es sich buchstäblich leichter, auch wenn es sicherlich angenehmere Methoden gibt, abzunehmen. Ein besonderer Dank gebührt meiner Frau und Hausärztin Felizitas und allen weiteren behandelnden Ärztinnen und Ärzten, meinen Eltern Ingrid und Anton Leitner, meiner Mitarbeiterin Gabriele Trinckler, unserer Redaktion DAS GEDICHT und einer ganzen Reihe von alten wie neuen Freundinnen und Freunden, von etlichen Poetinnen und Poeten und den vielen Leserinnen und Lesern, die mich nach Kräften unterstützten.

Eure Solidarität war mein persönliches Wunder im Jahr 2018 und die Wertschätzung meiner künstlerischen und editorischen Arbeit durch Euch hat mich ermutigt und zugleich ermuntert, mich so viel zu bewegen wie selten zuvor in meinem Leben. Und so habe ich eine körperliche Kondition zurückgewonnen, wie ich sie zuletzt als junger Hüpfer hatte, und ich hätte wirklich nicht gedacht, wie viel Vergnügen es macht, regelmäßig meine Poetenstube zu verlassen und zu schwimmen, zu wandern, so viel es nur geht. Oft bin ich jetzt auch noch spät nachts unterwegs, weil mir jede Menge Arbeit liegen geblieben ist, und ich nicht früher aufbrechen kann, aber gerade diese einsamen Nachtwanderungen, bei denen ich niemandem begegne, bieten eine gute Gelegenheit, um den Stoff für neue Gedichte gedanklich vor- und aufzubereiten.

Dass ausgerechnet im Jahr 2018, in dem ich krankheitsbedingt monatelang ausgefallen bin, meine Gedichte so viel übersetzt wurden wie selten zuvor, u. a. ins Arabische, Kroatische, Englische und Französische, und dass erst vor kurzem, im November, ein stattlicher Auswahlband meiner Gedichte aus 35 Jahren in englischer Sprache („Selected Poems 1981–2015“) bei SurVision Books in Dublin erschien, ist ein sehr beglückendes Gefühl, das ich insbesondere dem Engagement meiner Übersetzer Richard Dove, Paul-Henri Campbell und Yulia und Anatoly Kudryavitsky zu verdanken habe, letzterer ist auch mein Verleger für den englischen Sprachraum.

Im Anschluss an diese Zeilen finden Sie ein Weihnachtsgedicht von mir, das ich aus meinen „Selected Poems“ ausgekoppelt habe, um es Ihnen auf diese Weise zugänglich zu machen.

Bleiben Sie der Poesie
und meiner Arbeit rund um DAS GEDICHT
auch weiterhin gewogen.

Alles Gute, toi, toi, toi,
auf ein neues Lyrikjahr,
Ihr
Anton G. Leitner

 

Christmastide

I.

History,
In the night
Of his birth,

Does not take another
Retrograde step. Some
Found their

Dream illumined
By electric
Light.

Then the candles
Burned
To the rhythm of the

Programmed
Timer
And no honey

Dripped
From Jesse’s
Tree.

II.

Once a year
The moon turns two
Benevolent blind

Eyes, bestowing
Its light upon
A star.

Three men
Find the road
To the end

Of the night. No
Smoke can
Deceive them.

Their gift
Is a cross
Which grows

With the child.
One for all
And all

Against him.
How it ends,
We all know.

© Anton G. Leitner, Weßling
Translated from the German by Richard Dove
Translations © Richard Dove, Munich

Anton G. Leitner: Selected Poems

Anton G. Leitner: Selected Poems

aus
Anton G. Leitner:
Selected Poems 1981–2015
SurVision Books, Dublin 2018

Stille. Nacht

1.
Alles wach
Tag
Traum taut
Heilige
Ruh, immer
Zu
2.
Einsam
Erdacht
Engel
Lockig
Lockend, trau
Traurig, O
3.
Wie lacht
Lieb
Aus
Deinem
Mund
Wem
4.
Schlägt
Wann
Die rettende
Stund
In meiner
In deiner
5.
Geburt, wo
Gestern
Des Himmels
Goldener
Föhn

Aller Welt
6.
Schonung
Verhieß
Alleluja, der
Retter in
Himmlischer
Ruh.

Anton G. Leitner

 
Die Kulturredaktion der SZ lud Schriftsteller und Kabarettisten ein, den Liedtext »Stille Nacht« des Hilfspfarrers Joseph Mohr aus Oberndorf bei Salzburg umzudichten. Am 24. Dezember 2010 erschien meine Variation unter dem Titel »Goldener Föhn« in der Weihnachtsausgabe der Süddeutschen Zeitung. 2011 fand das Gedicht Eingang in meine Sammlung »Die Wahrheit über Uncle Spam«.
Auf meinem Blog erscheint die Nachdichtung erstmals im Internet, mit freundlicher Genehmigung des Daedalus Verlag in Münster.

 

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http://youtu.be/SsBeT8xIHY4