»… wenn du mich lässt«: zeitgenössische Gedichte zum ewigen Thema der Liebe bei Reclam erschienen

[erstmals erschienen ist dieser Artikel auf »DAS GEDICHT blog« (am 30. April 2021), von dort ist er übernommen]

eine kleine Buchvorstellung von Jan-Eike Hornauer Unter dem Titel »Gedichte für alle Liebeslagen« ist mitten im Corona-Lockdown, also in einer Zeit der Distanz, ein handliches Kompendium herausgekommen, das von inniger Nähe schwärmt, jedoch auch von den komischen und schwierigen Seiten der romantischen Liebe zu berichten weiß. Als Hardcover im kleinen Format (etwa A6) und durch die Verse von 88 zeitgenössischen Poetinnen und Poeten, die in ihm zu finden sind, ist es – auch langfristig – für die Position eines All- und Festtagsbegleiters prädestiniert. Eine wesentliche Basis dieses Auswahlbands bildete für Herausgeber Anton G. Leitner die aktuelle Ausgabe seiner Zeitschrift DAS GEDICHT. Unter dem Titel »Die Wiederentdeckung der Liebe« widmet sich die »hochkarätige Anthologie«, wie Alexander Altmann im Kultur-Teil des Münchner Merkur über DAS GEDICHT 28 urteilt, dem Paar-Romantischen und Platonisch-Hingebungsvollen – was laut Altmann ein »großes, lang anhaltendes und immer wiederkehrendes Lesevergnügen« verursacht.

Ein Geschenkbuch in vier Akten – brennende und bleibende Liebe

Die als Ge- und Verschenkband aufgemachte Reclam-Anthologie ist in vier Akte (was in diesem Kontext durchaus auch augenzwinkernd doppeldeutig verstanden werden kann) aufgeteilt: »Liebe kommt«, »Liebe brennt«, »Liebe geht«, »Liebe bleibt«.

Das Spielerische, aber auch das Drängende und Körperliche der hervorbrechenden Liebe wird bereits im Opener deutlich, Sprachartist Alex Dreppec fordert hier: »Werde tatsächlich tätlich. / […] Schmore in des Anderen Saft.« Und Altmeister Gerhard Rühm jagt kurz darauf, ebenfalls sprachverspielt und drängend, einen Feuersalamander. Ingo Müller hingegen bringt das Romantisch-Zarte im scheinbar Alltäglichen eines Klassenfestes am Juli-Abend in Verse, und bei Lutz Rathenow zeigt sich die verheißungsvolle Liebe ganz klassisch im Paartanz, hier dem Bossa Nova (wer sonst sollte auch schuld sein?), ebenfalls ein klassisches Stimmungsbild verarbeitet der Niederländer Hans Wap, der die Glut der untergehenden Sonne mit einer sich Bahn brechenden heißen Liebe und Begierde verbindet: »Die Sonne stand tief, als ich sie zum ersten Mal sah / […] ich war Feuer und Flamme« Als Meister des Entdeckens der Poesie im Alltäglichen, des Großen im Kleinen und umgekehrt zeigt sich zudem wieder einmal Karsten Paul. Er formuliert, bezogen auf einen warmen Oktobertag in der Fußgängerzone: »da machten wir die Äuglein klein / im grellen Licht der Erkenntnis / und ich kaufte uns Zitroneneis«.

Ein gerade bei einer durch einen Vollbayern edierten Sammlung freilich auch zu erwähnender Aspekt ist, dass Religion und die Sehnsucht nach Genuss, hier nach Erotik, sich nicht gegenseitig ausschließen. Dies zeigen etwa die Gedichte »eva« (Raoul Schrott) und »Klosterurlaub« (Kerstin Hensel). Doch ganz klar bleibt letztlich: Neben der Begierde steht die Unsicherheit – man will viel, aber nur, um den zart bittenden Schlussvers von Ilona Kischa zu zitieren: »wenn du mich lässt«.

»Ick setz da doch nich nackicht vor de Türe«

Heißer wird es, logisch, im Kapitel der brennenden Liebe – wobei diese Liebe durchaus auch eine kurze oder nur situativ lodernde sein kann, wie etwa in Gabriele Trincklers Sonett, das herrlich an Tucholsky, Kästner, Kaléko denken und die Berlinerin (die schon lange im bayerischen Exil lebt) frei Schnauze sagen lässt, was am Ende einer ersten – nun ja, Liebsnacht? zumindest bei ihrem lyrischen Ich Sache ist: »Na, wenn de schon ma da bist, bleibste halt. / Ick setz da doch nich nackicht vor de Türe. […] // Wir könn uns jut vertrajen, wir zwee beeden. / Son Schäferstündchen dauert nur ne Nacht. / Zabrich dir nichn Kopp, hör uff zu reden! / Die Zeit vajeht viel schnella als jedacht. […] // und jetzt komm her! Wir werdn det schon wuppen!«

Sicher kein Zufall: Auf die andre Seite des Blattes wurde mein eigenes Sonett gestellt, das ebenfalls die Erotik behandelt, aber die vertraute und zutrauliche und nur im sexuellen Sinne gespannte Stimmung szenisch fasst. In Stein gehauene Fleischlichkeit gibt’s dann direkt daneben bei Norbert Göttler, der eine Aphroditenstatue zu sinnlichem Leben erweckt, und Uwe-Michael Gutzschhahn sowie Manfred Chobot packen »die gelegenheit beim schopf«, um das Gefühl von einem »Liebesgedicht« auch in den Alltag zu retten. Sie wissen, es braucht dazu kein »Alltägliches Hymnensingen« (so der Titel von Marina Maggios Gedicht), wichtig aber bleibt »Mein Atem auf deiner Blöße« (mit diesen Worten ist Andreas Kirns Beitrag überschrieben), so dass es schließlich »wütet im Unten im Unten« (wie es bei David Westphal steht) und immer wieder heißt: »Wir // spitzen die Nacht an« (bei Babette Werth).

»zwischen uns keimt schnell etwas auf«

Wie man sich ganz gesittet in einer Tanzstunde näherkommt, beschreibt Jan Wagner aus schmunzelnder Distanz zum Auftakt des dritten Akts. Und im Gedicht »Meine große Schwester« führt Sujata Bhatt anhand des alten Bildes von Blütenblätterrupfspiel »Er liebt mich, er liebt mich nicht …« vor, wie bestimmend und doch auch wieder flüchtig sich das große Verliebtsein gestalten kann. Die heimliche und aufrichtige Verehrung in der anonymen Großstadt nimmt sich Siegfried Völlger vor. Und Syna Saïs schließt die Corona-Thematik mit den Fieberkurven der Liebe kurz – dabei findet sie eine (zeitweilige) Distanz gar nicht so schlecht: »es ist gut dass wir uns nicht berühren dürfen [/] das könnte was übertragen / was entzünden [/] zwischen uns keimt schnell etwas auf [//] es ist gut dass wir nicht mehr reisen können [/] zusammen in ein risikogebiet unserer seelen«.

Thomas Hald sehnt sich nach mehr, kann aber nur vereinzelt liegengelassene Gegenstände seiner Dauergeliebten eng bei sich halten. Und Said schwärmt: »ich erinnere mich / an deine nacktheit / an das morgenlicht« Und er bedauert: »nirgends ein nachmittag / für unsere küsse«.

Im sehnsuchtsvollen Rückblick verfangen sind die Verse von Wolfgang Oppler und Volker Maaßen (der im vergangenen Jahr verstorben ist und uns so noch Abschiedsgruß mit auf den Weg gibt). Sandra Blume arbeitet im poetisch-zart gemalten Bild »Philemon & Baucis vom Meileshof« eine innige Beziehung, eine glückliche Ehe nach, für die am Ende gilt, dass quasi nichts bleibt – und damit alles: »Sie konnten nichts mitnehmen. / Nur jeden einzelnen genossenen Tag.«

»Ich brauche deine Hand auf meiner«

Wie es sich anfühlt, wenn die Liebe bleibt, macht eingangs des vierten Akts der Herausgeber selbst klar – mit Versen für seine Frau Felizitas, die wahrlich nicht neu sind, aber immer noch gültig (wie jeder weiß, der die beiden mal zusammen erlebt hat) und gerade deshalb hier richtig. Ja, Anton G. Leitner dreht immer noch seine »Kleine Welt Runde mit F.« – und das ist schön und gut so. Von inniger Hingabe geprägt zeigt sich zudem Helmut Kraussers Sonett, das anhebt mit: »Ich brauche deine Hand auf meiner«. Und zu diesem Schluss führt: »Was an mir einzig ist, bist du.« Ludwig Steinherr baut in »AugenPaare« das Motiv des Versinkens in des Andren Augen hingebungsvoll aus. Und Christophe Fricker gelingt es, die tiefe, unauflösliche Verbundenheit nach jahrzehntelangem geglücktem Paarsein zu beschreiben: »Ich bin nachts aufgewacht und wusste nicht – / Und wusste lange noch nicht – wer ich war, / Bis da der Atem war, in dem ich lag«.

Ja, »die Schließung der platonischen Akademie« (so Ulrich Johannes Beil in »Die Idee von dir in mir«), sie kann in ein langanhaltendes Glück führen, mit einem schalk- und lustvollen »Nachglühen« wie bei Hellmuth Opitz. Das ist gut zu wissen. Und sehr schön zu lesen. 

 

Die Eckdaten zum Buch:

Gedichte für alle Liebeslagen
Herausgegeben von Anton G. Leitner
Philipp Reclam jun. Verlag, Stuttgart, März 2021
Hardcover im Format der Universalbibliothek
135 Seiten, 10,00 €
ISBN 978-3-15-011315-8  


Waschzettel
zum Buch als PDF: https://www.dasgedichtblog.de/wp-content/uploads/2021/04/Reclam-Verlag_Leitner_AntonG_Gedichte-für-alle-Liebeslagen_21_03_12.pdf

Bestellung im Reclam-Verlagsshop oder über jede Buchhandlung; hier geht’s zur entsprechenden Webseite bei Reclam: https://www.reclam.de/detail/978-3-15-011315-8/Gedichte_fuer_alle_Liebeslagen

 

Frohe Weihnachten und ein gutes neues Jahr 2019

Allen Besucherinnen und Besuchern meiner Internetseiten, allen liebgewonnenen Büchermenschen, besonders aber allen Freundinnen und Freunden der Lyrik wünsche ich ein Weihnachtsfest 2018 mit vielen poetischen Momenten und ein gesundes, glückliches und friedliches neues Jahr 2019.

Anton G. Leitner. Foto: Volker Derlath

Anton G. Leitner. Foto: Volker Derlath

An dieser Stelle möchte ich mich noch ganz besonders herzlich bei all jenen bedanken, die mir in den Tagen schwerer Krankheit im Jahr 2018 beigestanden sind und mir mit Rat und Tat geholfen haben, wieder gesund zu werden. Mit den verlorenen 22 kg Körpergewicht lebt es sich buchstäblich leichter, auch wenn es sicherlich angenehmere Methoden gibt, abzunehmen. Ein besonderer Dank gebührt meiner Frau und Hausärztin Felizitas und allen weiteren behandelnden Ärztinnen und Ärzten, meinen Eltern Ingrid und Anton Leitner, meiner Mitarbeiterin Gabriele Trinckler, unserer Redaktion DAS GEDICHT und einer ganzen Reihe von alten wie neuen Freundinnen und Freunden, von etlichen Poetinnen und Poeten und den vielen Leserinnen und Lesern, die mich nach Kräften unterstützten.

Eure Solidarität war mein persönliches Wunder im Jahr 2018 und die Wertschätzung meiner künstlerischen und editorischen Arbeit durch Euch hat mich ermutigt und zugleich ermuntert, mich so viel zu bewegen wie selten zuvor in meinem Leben. Und so habe ich eine körperliche Kondition zurückgewonnen, wie ich sie zuletzt als junger Hüpfer hatte, und ich hätte wirklich nicht gedacht, wie viel Vergnügen es macht, regelmäßig meine Poetenstube zu verlassen und zu schwimmen, zu wandern, so viel es nur geht. Oft bin ich jetzt auch noch spät nachts unterwegs, weil mir jede Menge Arbeit liegen geblieben ist, und ich nicht früher aufbrechen kann, aber gerade diese einsamen Nachtwanderungen, bei denen ich niemandem begegne, bieten eine gute Gelegenheit, um den Stoff für neue Gedichte gedanklich vor- und aufzubereiten.

Dass ausgerechnet im Jahr 2018, in dem ich krankheitsbedingt monatelang ausgefallen bin, meine Gedichte so viel übersetzt wurden wie selten zuvor, u. a. ins Arabische, Kroatische, Englische und Französische, und dass erst vor kurzem, im November, ein stattlicher Auswahlband meiner Gedichte aus 35 Jahren in englischer Sprache („Selected Poems 1981–2015“) bei SurVision Books in Dublin erschien, ist ein sehr beglückendes Gefühl, das ich insbesondere dem Engagement meiner Übersetzer Richard Dove, Paul-Henri Campbell und Yulia und Anatoly Kudryavitsky zu verdanken habe, letzterer ist auch mein Verleger für den englischen Sprachraum.

Im Anschluss an diese Zeilen finden Sie ein Weihnachtsgedicht von mir, das ich aus meinen „Selected Poems“ ausgekoppelt habe, um es Ihnen auf diese Weise zugänglich zu machen.

Bleiben Sie der Poesie
und meiner Arbeit rund um DAS GEDICHT
auch weiterhin gewogen.

Alles Gute, toi, toi, toi,
auf ein neues Lyrikjahr,
Ihr
Anton G. Leitner

 

Christmastide

I.

History,
In the night
Of his birth,

Does not take another
Retrograde step. Some
Found their

Dream illumined
By electric
Light.

Then the candles
Burned
To the rhythm of the

Programmed
Timer
And no honey

Dripped
From Jesse’s
Tree.

II.

Once a year
The moon turns two
Benevolent blind

Eyes, bestowing
Its light upon
A star.

Three men
Find the road
To the end

Of the night. No
Smoke can
Deceive them.

Their gift
Is a cross
Which grows

With the child.
One for all
And all

Against him.
How it ends,
We all know.

© Anton G. Leitner, Weßling
Translated from the German by Richard Dove
Translations © Richard Dove, Munich

Anton G. Leitner: Selected Poems

Anton G. Leitner: Selected Poems

aus
Anton G. Leitner:
Selected Poems 1981–2015
SurVision Books, Dublin 2018

Neu erschienen: Der Himmel von morgen. Gedichte über Gott und die Welt

Meine Reclam-Anthologie „Der Himmel von morgen. Gedichte über Gott und die Welt“ ist seit wenigen Tagen auf dem Markt. Sie ist, wie ich finde, eine der schönsten Anthologien geworden, die ich je gemacht habe.

Über die Sammlung:

Woher kommen wir, wohin gehen wir? Jeder Mensch stellt sich im Laufe des Lebens die existenzielle Frage nach seinem Glauben oder Nichtglauben an Gott. Und so hat diese Sinnsuche in allen Jahrhunderten die Dichtung immer wieder neu inspiriert. Anton G. Leitner hat nun 100 neue Gedichte von über 90 zeitgenössischen Lyrikerinnen und Lyrikern zusammengetragen. Herausgekommen ist eine einzigartige Sammlung aktueller Sprachkunstwerke im Wechselspiel mit dem Allmächtigen.

Mit Gedichten von Michael Augustin, Sujata Bhatt, Josef Brustmann, Bumillo, Manfred Chobot, Fritz Deppert, Alex Dreppec, Tanja Dückers, Dorothea Grünzweig, Uwe Kolbe, Anatoly Kudryavitsky, Günter Kunert, Fitzgerald Kusz, Augusta Laar, José F. A. Oliver, Arne Rautenberg, Gerhard Rühm, SAID, Ludwig Steinherr, Jan Wagner und vielen anderen.

Ein überwiegender Teil der Gedichte wurde erstmals in Das Gedicht. Zeitschrift für Lyrik, Essay und Kritik, Bd. 25: Religion im Gedicht, sowie auf dem Online-Forum der Zeitschrift Das Gedicht, www.dasgedichtblog.de (Netz-Anthologie: Religion und Lyrik), hrsg. von Anton G. Leitner und José F. A. Oliver, Weßling: Leitner Verlag 2017, veröffentlicht.

Über den Herausgeber

Anton G. Leitner, geb. 1961 in München, lebt als Schriftsteller und Verleger in Weßling (Lkr. Starnberg). Seit 1993 ediert er die buchstarke Jahresschrift Das Gedicht, seit 2014 auch Das Gedicht chapbook. German Poetry Now. Leitner veröffentlichte bislang mehr als 40 Anthologien, zuletzt im Reclam Verlag Heimat. Gedichte (2017). Von ihm erschienen bislang elf lyrische Einzeltitel, u. a. Schnablgwax. Bairisches Verskabarett (2016, auch als E-Book und Hörbuch). Leitner wurde mehrfach ausgezeichnet, u. a. mit dem »V. O. Stomps-Preis« der Stadt Mainz, dem »Bayerischen Poetentaler« (2015) und dem »Tassilo-Kulturpreis« der Süddeutschen Zeitung (2016).

 
Leitner, Anton G. (Hrsg.)
Der Himmel von morgen

Gedichte über Gott und die Welt
Hardcover
136 S.
€ 10,00 (D)
ISBN: 978-3-15-011051-5


 

Leseproben:

Georg Maria Roers SJ

Isaak und Ismael

Sara lacht verlegen noch bevor
Isaak das Licht der Welt erblickt

der Vater ist der Vater des Glaubens
er sabbert eine hundertjährige Litanei

während die Mutter Isaaks schon bald
ans Erbe ihres Sohnes denkt erdverbunden

wird Abrahams Nebenfrau überraschend
in die Wüste geschickt kurz entschlossen

hatte Hagar dem Ismael Leben geschenkt
auf inniges Bitten der buckeligen Sara damals

und als das Wasser zur Neige geht soll
Ismael dran glauben unter einem Strauch

sein Schatten rettet ihm das Leben
und die Tränen der reuigen Mutter
 

Christoph Leisten

eucharistie

manchmal, wenn mutter
die kleinen oblaten mitbrachte
aus der drogerie, spielten wir
an stillen nachmittagen kommunion
im schlafzimmer der eltern.

vor der kreuzigungsgruppe,
in deren hölzernem podest
sich eine spieluhr verbarg,
schlossest du die augen,
botest mir deine zunge dar.

das war der moment,
da ich etwas empfand,
das ich nicht begreifen konnte
und das wohl nur deshalb
so anziehend blieb.
 

Babette Werth

Saum, selig

In der Fremde
ans Ufer

gespült, die
Jakobsmuschel

meditiert.
 

Inhaltsverzeichnis

Martin Arndt (geb. 1956) – Hintergrundrauschen – Vorhofflimmern
Michael Augustin (geb. 1953) – Mein toter Hamster
Ulrich Beck (geb. 1964)- halb sechs Ulrich Johannes Beil (geb. 1957) – Amos Sujata Bhatt (geb. 1956) – Sturm
Thomas Böhme (geb. 1955) – (1) Einflüsterungen / (2) Erntedank Josef Brustmann (geb. 1954) – das fahrrad Renate Buddensiek (geb. 1939) – Gebet des Karpfens zur Weihnachtszeit Jürgen Bulla (geb. 1975) – Donnerstagsfuge Bumillo (geb. 1981) – Flieg Gott, flieg!
Markus Bundi (geb. 1969) – Decharge
Rudolf Bussmann (geb. 1947) – Versuch zu meditieren
Paul-Henri Campbell (geb. 1982) – elfenbeinkästchen
Manfred Chobot (geb. 1947) – (1) hatuey (†1512 in cuba) / (2) verwirrung
Fritz Deppert (geb. 1932) – Sain-Just de Valcabrère Nikolaus Dominik (1951–2012) – Religionsunterricht
Richard Dove (geb. 1954) – Gott gemäß Google
Alex Dreppec (geb. 1968) – Wasserläufer Andreas H. Drescher (geb. 1962) – Papiergeläut
Tanja Dückers (geb. 1968) – Kuscheln mit Gott
Christian Engelken (geb. 1965) – Urbi et Orbi
Christophe Fricker (geb. 1978) – Im Beisein
Norbert Göttler (geb. 1959) – Die Glut durchwühlen
Andreas Graf (geb. 1958) – Gläubige
Wolf-Dieter Grengel (geb. 1938) – Ein Fünfter
Dorothea Grünzweig (geb. 1952) – (1) erfahrnis in rissiger arktischer nacht / (2) plötzlich alles da
Thomas Hald (geb. 1967) – mariawald
Gert Heidenreich (geb. 1944) – Kreuzabnahme
Eva Höcherl (geb. 1950) – Wie jede Frau dieser Generation
Robert Höpfner (geb. 1954) – I.N.R.I.
Dieter Höss (geb. 1935) – Bibelfest
Natascha Huber (geb. 1986) – Einer unter euch
Gerald Jatzek (geb. 1956) – Ökonomisches Konzil
Erich Jooß (1946–2017) – Zufällige Begegnung in Oberschwaben
Barbara Maria Kloos (geb. 1958) – kommunionkleid hörst du mich
Uwe Kolbe (geb. 1957) – Ankunft
Matthias Kröner (geb. 1977) – Kapitalistisches Glaubensbekenntnis
Hans-Werner Kube (geb. 1953) – hier und dort
Anatoly Kudryavitsky (geb. 1954) – Judas
Holger Küls (geb. 1963) -Erlöserkirche
Günter Kunert (geb. 1929) – (1) Elegie / (2) Michelangelo: Gott belebt Adam
Fitzgerald Kusz (geb. 1944) – gloggn / glocken
Axel Kutsch (geb. 1945) – Einsicht
Augusta Laar (geb. 1955) – psalm
Georg Langenhorst (geb. 1962) – Thomaszweifel
Christine Langer (geb. 1966) – Lightning
Christian Lehnert (geb. 1969) – Böhmisches Wegekreuz
Christoph Leisten (geb. 1960) – (1) am ende, / (2) eucharistie
Anton G. Leitner (geb. 1961) – Der Tod Maik Lippert (geb. 1966) – Die Pastorin war gerade mittendrin Britta Lübbers (geb. 1960) – Magdalenen-Heim, Irland
Hans-Hermann Mahnken (geb. 1955) – St. Jacobi
Salean A. Maiwald (geb. 1948) – Die Botschaft Sepp Mall (geb. 1955) – Mariae Geburt
Thilo Mandelkow (geb. 1982) – Nachgereichtes Schöpfungsereignis Jana Mathy (geb. 1997) – religion
Renate Meier (geb. 1950) – do it yourself
Klaus Merz (geb. 1945) – Jüngstes Gericht
Sabine Minkwitz (geb. 1962) – Bauplan, blassorange
Andreas Noga (geb. 1968) – Sixtinische Kapelle
José F. A. Oliver (geb. 1961) – bauern brot
Andreas Peters (geb. 1958) – gebet
Barbara Peveling (geb. 1974) – logischer himmel
Barbara Pumhösel (geb. 1959) – Kindergedicht
Judith-Katja Raab (geb. 1954) – Ketzerisches Credo
Thomas Rackwitz (geb. 1981) – wer glaubt schon an die fünfundneunzig
Lutz Rathenow (geb. 1952) – Schöpfer
Arne Rautenberg (geb. 1967) – gebet auf der arche noah
Andreas Reimann (geb. 1946) – Tauflied für anne
Wolfgang Richter (geb. 1941) – Sieger
Georg Maria Roers SJ (geb. 1965) – Isaak und Ismael
Hendrik Rost (geb. 1969) – Exodus
Gerhard Rühm (geb. 1930) – (1) alpha bete / (2) dreizeiler zur ewigkeit
SAID (geb. 1947) – von ihren bewachern verfolgt
Salli Sallmann (geb. 1953) – Gottes Werk
Walle Sayer (geb. 1960) – (1) Der Narr erteilt den Schlußsegen / (2) Psalm 90,10
Sabine Schiffner (geb. 1980) – trauen
Helga Schulz Blank (geb. 1948) – Mittag in Dubai
Kirstin Schwab (geb. 1976) – bitte nicht berühren
Stefan Schwarzmüller (geb. 1963) – Herr,
Alfons Schweiggert (geb. 1947) – (1) Missionierung / (2) Warum?
Ludwig Steinherr (geb. 1962) – Ite, missa est
Jochen Stüsser-Simpson (geb. 1950) – Lob der Beichte
Ralf Thenior (geb. 1945) – Kuan Yin
Gabriele Trinckler (geb. 1966) – rahel weint
Jan Wagner (geb. 1971) – an jona
Babette Werth (geb. 1955) – (1) Saum, selig / (2) umeinander
Andreas Wieland-Freund (geb. 1955) – Da du bist
Helmund Wiese (geb. 1949) – und wenn
Barbara Zeizinger (geb. 1949) – Unentschieden in der Nachspielzeit
Johannes Zultner (geb. 1956) – sonntags

»Die heiligen drei Könige des Elends«: DAS GEDICHT, Weihnachten 2015

Liebe Leserinnen und Leser,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
liebe Freunde,

seit einigen Jahren nutze ich die Gelegenheit unseres spätherbstlichen »Intensivseminars plus Film« dafür, zusammen mit meiner Co-Referentin Sabine Zaplin ein Weihnachtsgedicht vor der Kamera einzusprechen. Aus Anlass der politischen Großwetterlage rezitieren wir dieses Mal »Die heiligen drei Könige des Elends« von Otto Julius Bierbaum (1865–1910). Sie finden dieses Gedicht auf dem Videokanal www.dasgedichtclip.de meiner Zeitschrift DAS GEDICHT, hier ist der direkte Link zu dem Clip auf YouTube: https://youtu.be/ojOHV7mTNPE.
Wir wünschen Ihnen mit Bierbaums Versen ein friedliches Weihnachtsfest 2015 und ein gesundes und poetisches Jahr 2016. Sabine und ich lesen das Gedicht übrigens aus der Anthologie »Weihnachtsgedichte«, die ich zusammen mit Gabriele Trinckler bei dtv ediert habe und die 2015 in der dritten Auflage erschienen ist.

Aktivieren Sie JavaScript um das Video zu sehen.
https://youtu.be/ojOHV7mTNPE

Anton G. Leitner und Sabine Zaplin (Gasthof Schuster, Hochstadt)
Mit dem Jahr 2015 geht eine der intensivsten Arbeitsphasen zu Ende, die ich bisher erlebt habe. Neben meiner sonstigen Tätigkeit als Lyriker, Herausgeber und Verleger bin ich bei über 40 Veranstaltungen kreuz und quer im deutschen Sprachraum aufgetreten, habe dabei langjährige Freundschaften zu vielen Kolleginnen und Kollegen weiter vertiefen können und insgesamt mehrere tausend Besucherinnen und Besucher erreicht, was ja im Bereich der Poesie alles andere als selbstverständlich ist.
Wenn ich daran denke, was ich unterwegs so alles erlebt habe, kommen mir viele Bilder in den Sinn. Eine Szene hat mich tief bewegt: Wir waren eingeladen, die 22. Folge von DAS GEDICHT (»Der Swing vom Ding«) an der deutschen Westküste im Rahmen der »Literaturtage Heide 2015« vorzustellen, und zwar im Geburtshaus des Dichters Klaus Groth. Bevor ich meine Gedichte las, überraschte ich als Bayer das norddeutsche Publikum mit der Rezitation des plattdeutschen Klassikers »Dat du min Leevsten büst«. Als Collega Michael Augustin (gebürtiger Lübecker mit Bremen als Lebensmittelpunkt) spontan begann, singend in meinen Vortrag einzusteigen, stellte auch ich auf Singen um, woraufhin der ganze Saal lauthals mit einstimmte, von jung bis alt. Es war ein überwältigendes Erlebnis für uns alle und sicherlich mit ursächlich dafür, dass wir nach der Lesung bis in die frühen Morgenstunden in Heide feierten, um dann schließlich nach dem Frühstück den deutschen Altmeister der Poesie, Günter Kunert, in Kaisborstel zu besuchen, quasi als Krönung unseres Dichtertreffens in Schleswig-Holstein. Die Stunden bei »Old Kunert«, der ja bekanntlich auch ein großer Maler und begeisterter Sammler ist und über einen großartigen schwarzen Humor verfügt, möchte ich nicht missen.
Als besonders harmonisch habe ich den Auftritt zusammen mit der Lyrikerin Klára Hůrková unter freiem Himmel in Aachen beim dortigen Leselustfestival auf dem Lousberg in Erinnerung. Aachen ist auch die Geburtstadt meiner Frau Felizitas, die gleich mehrere ehemalige Klassenkameradinnen im Publikum begrüßen konnte. »Die Zarte und der Wilde im Lyrik-Doppelpack« titelte die Aachener Zeitung. Und unser jüngster Zuschauer, Vincent, portraitierte schließlich den unter einem riesigen Baum lesenden Anton (siehe Foto). Am Vortag unserer Open-Air-Veranstaltung hatte ich noch meinen langjährigen Freund und Kollegen Axel Kutsch getroffen. Es war so brüllend heiß (40 Grad im Schatten), dass wir uns nur noch in Bahnhofsnähe von Eisdiele zu Eisdiele bewegen konnten.
»Anton auf dem Lousberg«, gezeichnet von Vincent
Als weitere Highlights empfand ich den »Hochstadter Stier 2015«, meinen Liveauftritt für Deutschlandradio Kultur auf der Leipziger Buchmesse, die Premierenfeier für »Götterspeise & Satansbraten« (= DAS GEDICHT Bd. 23) zusammen mit meiner Mitherausgeberin Kerstin Hensel und zahlreichen Lyrikern im Literaturhaus München und die Nachpremiere im Kunst Büro Berlin (auf Einladung des erzbischöflichen Kulturbeauftragten und Künstlerseelsorgers von Berlin, Georg Maria Roers). In Wien habe ich die Lesung mit dem Poesie-Urgestein Manfred Chobot sehr genossen, der Felizitas und mich dann nach Mitternacht spontan auf eine Privatführung der ganz besonderen Art durch die Wiener Altstadt einlud.
Unbestrittener Höhepunkt war für mich aber die Verleihung des »Bayerischen Poetentalers 2015« am 28. Oktober im Münchner Künstlerhaus. Martin Wagner, Hörfunkdirektor des BR, führte mit mir einen »Laudatio-Talk« auf der Bühne, im Anschluss las ich aus meinem Mundart-Debüt »So a Gschiss«. Ich glaube, dass sich die Poetentalerpreisträger eines Jahrgangs auf und hinter der Bühne politisch noch nie so einig waren wie der Regisseur Markus H. Rosenmüller, der Kabarettist Christian Springer, La-Brass-Banda-Frontmann Stefan Dettl, Gitti Walbrunn (Hauptdarstellerin der BR-Soap »dahoam is dahoam«) und ich, zumindest was die Flüchtlingsfrage betrifft: Einerseits öffentliche Kritik an den kleinmütigen bis unbarmherzigen Äußerungen des Bayerischen Ministerpräsidenten und seiner engsten Gefolgsleute zur Flüchtlingspolitik, andererseits Begeisterung über die vielen Mitbürgerinnen und Mitbürger in unserem Land (auch in meinem Heimatdorf Weßling), die beherzt helfen und anpacken, wenn Not an Mann ist, anstatt sich in provinziellen Angstreden zu ergehen oder sich gar beim äußersten rechten Rand unserer Gesellschaft anzubiedern.
Ich müsste noch viel erwähnen, um niemanden Unrecht zu tun, den ich jetzt aus Platzgründen außen vor gelassen habe, aber ansprechen möchte ich noch ein Vorhaben, dessen Umsetzung mir viel sehr Freude gemacht hat, nämlich das Lyrikprojekt zur Lutherdekade mit der Netz-Anthologie »Pausenpoesie«. So konnten wir allein auf unserer Seite DAS GEDICHT Blog zwischen 21. März und 28. Juni 2015 rund 30.000 Besucherinnen und Besucher damit anlocken. Aus der erfolgreichen Internet-Poesiesammlung entwickelten wir schließlich das Buch »Pausenpoesie«, das schon kurz nach seinem Erscheinen im Herbst 2015 vom Bayerischen Rundfunk (BR) zum »Bayern2-BuchFavorit« gekürt wurde.
Es gäbe noch so viel zu schreiben, aber Weihnachten naht und ich will Ihre Aufmerksamkeit und Zeit nicht überbeanspruchen. Deshalb geht mein ganz herzlicher Dank an all jene, die mir auch 2015 geholfen haben, meine Ideen zu verwirklichen. Ohne Sie hätte ich nicht wiederholt den praktischen Beweis dafür antreten können, dass die Poesie ein tägliches Grundnahrungsmittel ist, und nicht ein akademisches Medium für ein paar Eingeweihte. Danke, Danke, Danke, an Sie, liebe Leserinnen und Leser, dass Sie der Poesie treu geblieben sind, und an Euch, liebe Kolleginnen und Kollegen. Ohne Eure Wortakrobatik wäre nicht nur mein Leben wesentlich ärmer.
Auf ein Wiedersehen im neuen Jahr, das gleich poetisch beginnt, wie könnte es anders sein:
Am Samstag, den 30.1.2016 mit dem »Lyrikstier« im Gasthof Schuster (Hochstadt),
am Donnerstag, den 10.3.2016 mit »Götterspeise & Satansbraten« im Kulturzentrum bocso (Gauting) und am Samstag, den 23.4.2016 mit »Götterspeise & Satansbraten« im Il Plonner (Oberpfaffenhofen), um einige lokale Termine vorab zu nennen.
Und bei einem bin ich mir absolut sicher: Die Zusammenarbeit im Jahr 2016 mit dem fränkischen Lyrik-Doyen Fitzgerald Kusz als neuem Mitherausgeber wird ein GEDICHT werden, nämlich der 24. Band …
Alles erdenklich Gute für Sie
und frohe und friedliche Weihnachten,
Ihr
Anton G. Leitner

Rückblick: Chobot und Leitner in Wien

Was für ein Poesieabend in Wien: Am 20. Oktober 2015 traf ich meinen alten Freund Manfred Chobot zu unserer gemeinsamen Lesung in der Reihe “Europa. Literatur” der ÖGfL in der Herrengasse, Palais Wilczek. Bei unserer “lyrischen Pingpong-Rezitation” waren natürlich auch viele Mundartgedichte zu hören.
Der Komponist Fritz Keil kommentierte im Anschluss: “Sehr kurzweilig! Ganz tolle Texte, ganz toll gelesen, ganz toll moderiert!” – und stellte erstaunt fest, dass sich “bei fast allen Lesungen die AutorInnen im Oszillieren zwischen den hohen und tiefen ‘Tönen’ ziemlich präzise im Tonraum einer großen Terz” bewegen. Lyrik ist eben – wie der Wortursprung schon sagt – ganz schön musikalisch!

EUROPA.LITERATUR mit Manfred Chobot und Anton G. Leitner in Wien

Mit Manfred Chobot und Anton G. Leitner lösen zwei Urgesteine der Poesie kabarettreife Sprachlawinen aus, sei es auf Weanerisch, Bairisch oder Hochdeutsch. Beide lieben es, ihre Wiener und Münchner Heimat mit Versen aufs Korn zu nehmen, oft mit einer kräftigen Portion Humor.
Gleichzeitig ist der Abend eine Vorpremiere des 23. Bandes der Zeitschrift DAS GEDICHT, die Leitner seit der ersten Folge ediert.
Moderation: Marianne Gruber
Österreichische Gesellschaft für Literatur
Dienstag, 20.10.2015, 19:00 Uhr
EUROPA.LITERATUR
mit Manfred Chobot und Anton G. Leitner

Österreichische Gesellschaft für Literatur im Palais Wilczek, Wien
Herrengasse 5
1010 Wien
Tel.: + 43 1 533 8159 oder + 43 1 533 0864